Der Bundesgerichtshof lässt bei besonders guten Einkommensverhältnissen nach neuer Rechtsprechung die Fortschreibung der sogenannten Düsseldorfer Tabelle auch über den aktuellen Einkommenshöchstbetrag (5.500 €) zu. Diese neue Rechtsprechung kann bei guten Einkommensverhältnissen zu erheblich höheren Kindesunterhaltsansprüchen führen.

Kinder sind Ihren Eltern gegenüber nach § 1601 BGB unterhaltsberechtigt. Bei minderjährigen Kindern erbringt der betreuende Elternteil seinen Unterhalt regelmäßig durch die Betreuungsleistung und durch die Versorgung im eigenen Haushalt. Der andere Elternteil schuldet den sogenannten Barunterhalt. Der Mindestunterhaltsbedarf für minderjährige Kinder ist mittlerweile gesetzlich in § 1612 a Abs. 1 BGB definiert. Darauf aufbauend dient in der Familiengerichtsbarkeit als einvernehmliche Richtlinie die sogenannte Düsseldorfer Tabelle zur Bemessung des konkreten Unterhaltsanspruches für Kinder. Dabei richtet sich die Höhe des Unterhaltsanspruches für minderjährige Kinder nach dem Lebensalter des Kindes und den jeweiligen Einkommensverhältnissen des barunterhaltspflichtigen Elternteils.

Die aktuelle (Stand Oktober 2021) Düsseldorfer Tabelle ist in 10 Einkommensgruppen untergliedert. In der höchsten Einkommensgruppe sind (bereinigte) Nettoerwerbseinkünfte zwischen 5.000,00 € und 5.500,00 € geregelt. Nach Abzug des hälftigen Kindergeldes besteht in der 10. Einkommensgruppe im Jahr 2021 in der dritten Altersstufe (12 bis 17 Jahre) zum Beispiel ein Kindesunterhaltsanspruch i.H.v. 735,50 €. Nach älterer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sollte dieses der höchste Unterhaltsbetrag sein, der pauschal anhand der Einkommensverhältnisse der Eltern verlangt werden kann. Nur in Ausnahmefällen sollte es möglich gewesen sein, auch darüber hinaus im Wege einer konkreten Bedarfsberechnung höheren Unterhalt einzufordern. Es mussten sodann jedoch die regelmäßigen Ausgaben, die einen höheren Bedarf rechtfertigen sollten, genau aufgeschlüsselt werden. Eine Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle bei sehr guten Einkommensverhältnissen hat der BGH abgelehnt.

Diese Rechtsprechung hat der BGH nun aufgegeben (BGH XII ZB 499/19). Nach der neuen Auffassung des BGH kann auch höherer Kindesunterhalt pauschal durch Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle bis zu einem bereinigten Nettoeinkommen von 11.000,00 € ohne konkrete Bedarfsberechnung gefordert werden. Da die Düsseldorfer Tabelle degressiv und nicht linear ausgestaltet ist, ist noch nicht genau geklärt, wie die Fortschreibung erfolgen soll.

Bei sehr guten Einkommensverhältnissen ließen sich jedoch auf der Grundlage der neuen Rechtsprechung des BGH momentan Kindesunterhaltsansprüche in Höhe von bis zu knapp 1.500,00 € je Kind ohne eine konkrete Bedarfsberechnung begründen.

Haben Sie weitergehende Fragen zum Kindesunterhalt oder zur Fortschreibung der Düsseldorfer Tabelle? Wir beraten Sie gerne!

Felix Untermann
Fachanwalt für Familienrecht in Lübeck